Der Flaneur des 20. Jahrhunderts, der
vorwiegend versuchte, in der Masse der Straße unterzugehen, um so
das soziale Geschehen beobachten zu können, unterscheidet sich vom
Flaneur des 19. Jahrhunderts, der sich in seiner langsamen Gangart
dandyhaftig durch die Straßen einem öffentlichen Publikum
ausstellte.Natürlich ist der Flaneur in den Beschreibungen ein Stadtmensch.
Das unterscheidet mich nun ziemlich von der tradierten Form des Flaneurs. Ich bin ein Stadtrandkind, aufgewachsen in der Kleinstadt mit kurzen Wegen in die Natur. Später in Stadtteilen mit Anschluss ans Zentrum, aber auch geliebten Verbindungen zur Landschaft in der näheren und ferneren Umgebung.
Sicher hab ich immer unbekannte Städte oft zu Fuß erkundet - ohne konkrete Anlaufpunkte - und mach das heute noch. Der Flaneur – ein Nomade: Er geht
schlendernd und wachen Blicks durch die Strassen; er hat zwar nicht
die Langsamkeit einer Schildkröte, mit der das Tempo der Flaneure
einmal verglichen wurde, aber dafür die Zeit und Erregbarkeit für
Unbekanntes.
Das Wandern in der Natur als Vorstufe des Flanierens in der Umgebung kann man ganz gut mit anderen Leuten und hat was mit Erreichen von Zielen zu tun. Flanieren kann ich nur allein ! Ohne Ablenkung einer Begleitung, den eigenen Eindrücken folgend.
Dabei muss es nicht nur zu Fuß geschehen. Auch gemächlich Radeln, mit den Öffentlichen oder dem Auto zu gondeln gehört dazu.
Mit der zunehmenden Beschleunigung
unseres Alltags entsteht der Wunsch nach Müßiggang und Zeit zur
Reflexion. Vor diesem Hintergrund ist gerade heute die Figur des
Flaneurs aktueller denn je. Das langsame Flanieren und fließende
Sehen des Flaneurs stehen in starkem Kontrast zu der
Zweckgerichtetheit unseres Tuns und der Hektik unserer Bewegung. Ich möchte da aber niemanden missionieren. Wer lieber konsumiert, Zerstreuung sucht oder sich auspowern will, soll das tun. Aber mich in Ruhe lassen ...
Was mir auch passiert ist folgendes:In der Entwicklung des Internets kommt
eine neue Art des digitalen Flaneur auf, dessen Gedanken im Internet
an verschiedensten Dingen hängenbleiben durch die „Flut an
Verknüpfungen“. Versunken hängt der digitale Flaneur im Netz und
springt von einem Gegenstand zum anderen in den Suchmaschinen und
Enzyklopädien, die den Rahmen von Weltwissen anhand von Büchern
mittlerweile gesprengt haben. Da muss ich aufpassen, denn die Informationsflut kann einen erschlagen! Nicht alles was interessant erscheint ist auch wichtig!
Flanieren ist auch eine Philosophie: Stets
bereit vom Zufall überrascht zu werden und Neues zu entdecken.