Buch: Der Apfelbaum






Für den Roman seiner Familie hat der Schauspieler Christian Berkel seinen Wurzeln nachgespürt. Er hat Archive besucht, Briefwechsel gelesen und Reisen unternommen. Entstanden ist ein großer Familienroman vor dem Hintergrund eines ganzen Jahrhunderts deutscher Geschichte, die Erzählung einer ungewöhnlichen Liebe.
Inhalt:
Berlin 1932: Sala und Otto sind dreizehn und siebzehn Jahre alt, als sie sich ineinander verlieben. Er stammt aus der Arbeiterklasse, sie aus einer intellektuellen jüdischen Familie. 1938 muss Sala ihre deutsche Heimat verlassen, kommt bei ihrer jüdischen Tante in Paris unter, bis die Deutschen in Frankreich einmarschieren. Während Otto als Sanitätsarzt mit der Wehrmacht in den Krieg zieht, wird Sala bei einem Fluchtversuch verraten und in einem Lager in den Pyrenäen interniert. Dort stirbt man schnell an Hunger oder Seuchen, wer bis 1943 überlebt, wird nach Auschwitz deportiert. Sala hat Glück, sie wird in einen Zug nach Leipzig gesetzt und taucht unter.

Kurz vor Kriegsende gerät Otto in russische Gefangenschaft, aus der er 1950 in das zerstörte Berlin zurückkehrt. Auch für Sala beginnt mit dem Frieden eine Odyssee, die sie bis nach Buenos Aires führt. Dort versucht sie, sich ein neues Leben aufzubauen, scheitert und kehrt zurück. Zehn Jahre lang haben sie einander nicht gesehen. Aber als Sala Ottos Namen im Telefonbuch sieht, weiß sie, dass sie ihn nie vergessen hat.

 Hintergrund:
Berkels Familie, das muss man sagen, ist ein dankbarer Romanstoff. Sein Großvater gehörte zur ersten Generation der anarchistischen Nudisten auf dem Monte Veritá, lebte in einer Liebesbeziehung mit Erich Mühsam, therapierte Hermann Hesse. Seine Großmutter kämpfte mit den internationalen Brigaden in Spanien, seine Großtante lebte in Paris, lernte bei Hermès persönlich und kleidete in ihrer eigenen Boutique unter anderem die Duchess of Windsor ein.

Berkel hat Archive durchforstet und Menschen befragt, vor allem seine 2011 verstorbene Mutter Sala Nohl, der die Demenz zusehends den klaren Blick in die Vergangenheit verschleierte. Wahrscheinlich hat Berkel die letzte Chance ergriffen, der eigenen Herkunft tiefer auf den Grund zu gehen. Als sechsjähriger Junge nämlich, die Familie saß gerade im Garten unter einem Apfelbaum beisammen, erfuhr er von seinen jüdischen Wurzeln. Und er erfuhr außerdem, dass er "nicht ganz" jüdisch war. Ein Schock für Berkel, der in einem Interview sagte, für ein Kind sei das, was nicht ganz ist, kaputt. Dieser frühe Identitätsbruch nagte an ihm und trieb ihn gleichzeitig an, mehr zu erfahren: über seine Urgroßeltern und Großeltern, über seine Eltern und über sich selbst.

Urteil:
Teilweise autobiographische Szenen, teilweise im Romanstil gehalten, ist das Buch nicht einfach zu lesen, weil man zu Beginn eines Kapitels erst ein paar Sätze braucht, um zu wissen, wer hier nun erzählt. Auch viele Namen erschweren es ein wenig, der Handlung zu folgen.
Ein Personenstammbaum wäre hilfreich, damit man sich beim Lesen besser zurechtfindet. Ansonsten solide Romankunst, die aber teilweise etwas verwirrend ist.
Man muss schon konzentriert lesen, um der Geschichte zu folgen, denn die Handlungs- und Zeitebenen wechseln sehr häufig. Mir hat der Schreibstil nicht so gefallen, da er manchmal ins Süßliche abgleitet ...