Ich mag ja die Auftritte von Mathias Egersdörfer überhaupt nicht (als Leiter der Spurensicherung im Frankentatort mehr als peinlich ...). Er soll aber gut schreiben können. Deshalb hab ich mir zu Gemüte geführt: Die Reise durch Franken . Co-autor ist Jürgen Roth.
Klappentext von 2014: Die Franken, die "Freien" und "Kühnen", einst die Gründer des Heiligen
Römischen Reiches und Frankreichs. Und heute? Jürgen Roth und Matthias
Egersdörfer reisen kreuz und quer durch dieses Land, zu dem sie seit
ihrer Geburt eine starke, von wechselnden Gefühlen begleitete Bindung
haben. Mit genauem, liebevoll zynischem Blick suchen und besuchen sie
Denkmäler und Bausünden, Wirtshäuser und Metzgereien, Waldschwimmbäder
und andere verschwindende Orte der Kindheit. Zwischen Aschaffenburg und
Hof, Coburg und Gunzenhausen entdecken sie Geschichte und Geschichten,
Dialekte und Charaktere. Sie ergründen das Verhältnis der Franken zum
Fußball, zu Oberbayern und Oberpfälzern. Und huldigen jenseits von
Bratwürsten und Lebkuchen regionalen Spezialitäten wie Krautwickerla und
Fleischküchla.
Aus einer Rezension: Der Text ist ein Briefwechsel zwischen den beiden Autoren Matthias
Egersdörfer und Jürgen Roth. Egersdörfer ist Kabarettist und Komiker,
Roth ist Schriftsteller und promovierter Sprachwissenschaftler.
Der
Briefwechsel beginnt an einem 18. Juni und beschreibt wechselseitig
eine gemeinsame Reise durch die drei fränkischen Regierungsbezirke
Ober-, Mittel- und Unterfranken. Die Reise erfolgt mit Unterbrechungen
in mehreren Etappen, der Briefwechsel endet knapp sieben Wochen später
an einem 8. August. Vordergründig testen und erforschen die beiden
Autoren fränkisches Bier, fränkische Wurst und fränkisches Brot. In
Wirklichkeit erkunden sie Franken, seine Geschichte und Bewohner. Sie
fahren von Ort zu Ort, essen und trinken in Gasthäusern, Metzgereien und
Brauereien und unterhalten sich ausgiebig mit fränkischen Freunden und
Bekannten. Sie wandeln auf historischen Spuren, erzählen von
Hexenverfolgung, sozialistischer Arbeiterbewegung und der dunklen
Nazizeit (inkl. den architektonischen Hinterlassenschaften). Egersdörfer
und Roth erforschen Dialekte und Redewendungen, sie überschreiten
diverse Bier/Wein-, Wurst- und andere kulinarische Grenzen. Es wird
dabei nicht mit Einsichten, Meinungen und Kritik gespart, ganz im
Gegenteil der sprichwörtliche fränkische (und teilweise durchaus
nachvollziehbare) Selbsthass wird nicht nur thematisiert, sondern
passagenweise in all seinen reichen Facetten und bis an den äußersten
Rand der Cholerik ausgelebt. Des weiteren werden auch die typisch
fränkischen Themen Desinteresse, Maulfaulheit, Unfreundlichkeit,
Fremdenhass, Service-, Dienstleistungs- und Arbeitsverweigerung, sowie
Konservativismus, Katholizismus, Protestantismus und blinde
Obrigkeitshörigkeit verhandelt. Nebenbei wird auch das wahre fränkische
Staatsgebiet abgesteckt, es erfolgen ethnische, charakterliche und
geographische Abgrenzungen gegenüber den verhassten Nieder- und
Oberbayern, gegen Hessen, Badenser, Schwaben und Thüringer. Natürlich
spielt auch der abstiegserfahrene Club aus Nürnberg eine kleine Rolle,
ebenso das ehemalige Zonenrandgebiet mit seiner Strukturschwäche, der
schwindenden Bevölkerung und der kargen Natur.
Der Sprachstil ist
durchgehend etwas gekünstelt und manieriert und wirkt wie aus einem
Roman des 19. Jahrhunderts. Je weiter man beim Lesen voranschreitet,
desto mehr gewöhnt man sich aber daran und desto besser passt der Stil
irgendwann dann auch zum verhandelten Thema. Die Dialektpassagen sind in
allen Details liebevoll und präzise transkribiert und werden dadurch
fast unmittelbar hörbar. Klingt positiv
Eine andere Rezension entspricht eher meinem Eindruck: Leider
handelt es sich bei den Briefen zu einem großen Teil um eine
Aneinanderreihung von Zitaten aus anderen Büchern und die eigenen
Betrachtungen der beiden Autoren beschränken sich auf - durchaus
interessante und instruktive, aber leider etwas oberflächliche - Bier-
und Wurstrezensionen. Wegen der Zitatereihungen wirkt das Buch nicht wie
tatsächliche lebhafte Erinnerungen, sondern eher etwas leblos und
spröde. Etwas mehr eigenes Werk der Autoren wäre aus meiner Sicht
wünschenswert. "Die Reise durch Franken" würde ein recht dünnes Buch,
wenn man alle Zitate und Nacherzählungen anderer Schriftstücke
herauskürzen würde. In weiten Teilen behandelt "Die Reise durch
Franken" auch die Rolle Frankens bzw. der Franken im Dritten Reich, was
in der Tat ein wichtiges Kapitel fränkischer Geschichte ist. Für mein
Befinden wird dieses Kapitel beleuchtet, ohne zu beschönigen, allerdings
auch dies wieder in Form einer Zitatesammlung aus anderen
Schriftstücken. Auch durch die Briefform werden die Reiseerinnerungen
nicht sehr lebendig für mich als Leser. Es bleibt abstrakt, die
Erinnerungen an Erinnerungen, die wenigen Stellen, an denen auch etwas
persönliche Färbung einfließt, wirken regelrecht unpassend.
Beide Autoren fahren gerne alkoholisiert mit dem Auto .....